Acht Brillen

Autofahrt

Autofahrten mit anderen sind schon so eine Sache. Vor allem, wenn man längere Strecken gemeinsam unterwegs ist. Tragen solche Langstreckenfahrten doch immer das Potential in sich, dass man sich gegenseitig gewaltig nervt, das Auto vollgekrümelt wird oder sich Langeweile und Frust mit jedem weiteren Stau potenzieren.

Ich war neulich auf so einer Autofahrt.
Über sechs Stunden zu dritt auf Deutschlands Autobahnen unterwegs.
Doch statt Langeweile, gegenseitiger Nerverei und Krümel (den Stau gab es leider schon) war es eine Fahrt die uns die Gelegenheit gab, über uns und unsere Gottesbeziehung zu sprechen. Völlig ungeplant und unvorhergesehen. So ganz persönlich und nah dran mit allen Fragen und Zweifeln, allen Höhen und Tiefen in der eigenen Gottesgeschichte – wann tut man das sonst schon so?

Je mehr wir fuhren und je mehr wir darüber sprachen, wie lange wir schon jede*r mit Gott unterwegs waren, desto klarer wurde, dass unser Bild von Gott kein statisches ist. Keins, was sich über die Jahre nicht verändert hat. 

Nein ganz im Gegenteil, Gott, so musste ich wieder einmal feststellen, ist definitiv ein Gott, der immer in Bewegung ist und immer mit seinen Geschöpfen mitgeht. Das Spannende dabei war für mich, mich erneut der Frage nach Gott bewusst auszusetzen:

Wer ist Gott eigentlich?
Wie ist Gott eigentlich?
Und was heißt es eine Beziehung mit Gott zu haben?

Wenn ich über Jesus und meine Beziehung zu ihm nachdenke, dann fühle ich mich schnell sicher, bin zu Hause, denke, ich kenne ihn, weiß, wie sich seine Stimme anhört, kann ihn mir vorstellen, wenn ich meine Augen schließe.

Aber Gott? Der Vater? Der Heilige Geist? Die Dreieinigkeit???

Je mehr ich über den Schöpfer des Universums nachdenke, desto mehr schlägt mein Gehirn Saltos.

Gebete für Weltfrieden und Gebete für den richtigen Parkplatz – wie geht das?!

Alles, aber auch alles, hat Gott geschaffen (Atome, Eintagsfliegen, Galaxien) und hält es in seinen Händen und dann ist da mein Leben, meine Bedürfnisse, meine Fehlentscheidungen, jeder meiner Atemzüge – auch sie hält Gott.
Wie geht das?!

Und wie geht das, eine persönliche Beziehung zum Schöpfer des Universums zu leben, wenn mein Gehirn doch gar nicht fassen kann, wer er ist?

Die Spannung, die ich auf der Autofahrt während unserer Unterhaltung wieder einmal fühlte zwischen diesen beiden Gottesbildern (Jesus – mein bester Freund, mein Zuhause und Gott – der Herr der Heerscharen, Schöpfer allen Seins, Anfang und Ende) begleitet mich nun schon länger auf meinem Weg der Nachfolge.

Mal fordert sie mich heraus, mal überfordert sie mich und wenn es gut läuft, dann bringt sie meinen Glauben ins Gleichgewicht.

So merke ich schnell, dass es nicht unbedingt gut ist, wenn Jesus zu sehr zu meinem ‚Buddy‘ wird, zu vertraut, zu sehr geschaffen in meinem Ebenbild, zu sehr Wunschmaschine.

Ich spüre aber auch, dass, wenn Gott zu abstrakt, zu groß, zu fremd, zu unpersönlich, zu sehr Konzept wird, dass ich nicht mehr hinterherkomme.

Weder auf der einen, noch auf der anderen Seite vom Pferd zu fallen, ist wahrscheinlich die Antwort auf die Frage: Wer ist Gott eigentlich?
Denn Gott ist immer beides. Nah dran und unendlich viel größer, den Verstand übersteigend.

Zuhause angekommen, in Gedanken noch bei unserem Gespräch, musste ich an die einleitenden Worte des Vaterunsers (Mt 6,9-13) denken:

‚Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.‘

Spricht Jesus nicht genau hier diese Spannung an und gibt uns einen Hinweis darauf, wie wir auf dem Pferd sitzen bleiben können, auch wenn es noch so galoppieren sollte?

Gott ist Vater. Abba. Papa.
Persönlicher geht’s nicht mehr.

Und gleichzeitig soll sein Name heilig gehalten werden.
Gottes Name?
Soweit ich weiß, lässt Gott sich nicht festbinden. Er hat keinen wirklichen Namen außer dieses mysteriöse: Ich bin.   

Ich bin, der ich bin. Ich werde sein, der ich sein werde. (Ex 3,14)
Fremder und unvertrauter geht‘s nicht mehr.

Die Spannung, in der ich mich immer wieder finde, findet hier ihr Zuhause. Gleich zu Anfang des Gebets, das Jesus seinen Jüngern beigebracht hat. Das hilft mir. Hilft mir, mich zu orientieren, wenn ich mich mal wieder mit meiner Gottesbeziehung überfordert fühle.

Am Ende unserer langen Autofahrt, gab es dann tatsächlich auch noch am Himmel einen der schönsten Regenbögen, die ich seit langem gesehen habe. Ganz so, als wenn Gott sagen wollte:
‚Egal, was für ein Bild, egal, wie groß oder klein eurer Bild von mir, egal wie nah dran oder weit weg – Ich bin immer bei euch.‘