Ich liebe Kirchen, die leer sind.
Keine gute Einleitung?
Ist aber trotzdem so.
Eine Zeit lang begleitete mich eine.
Eine große, katholische.
Tagsüber war sie immer offen.
Ich konnte hinein, wann ich wollte.
Hallende Schritte.
Meine Schritte.
Niemand sonst ist da.
Ich liebe Kirchen, die leer sind.
Ein paar Kerzen brennen.
Ich nehme mir ein Liederbuch.
Ich setze mich in eine Kirchenbank.
Ich blättere – ohne bestimmtes Ziel.
Textzeilen –
ein buntes Gemisch aus Lob und Bekenntnis.
Sie lesen mich.
Sie geben mir Inhalt.
Der Gekreuzigte hängt vorn.
Und ich sehe ihm beim Hängen zu.
Ich sehe weg und weiß, er hängt noch.
Ich sehe ihm wieder zu.
Er schaut.
Auf mich.
Auf wen sonst.
Ist ja niemand da außer mir.
Um mich herum ist Stille.
Und dann singe ich.
Eigentlich traue ich mich so etwas nicht.
Aber ich höre mich singen.
Etwas zaghaft zunächst.
Dann immer lauter.
Schließlich kräftig.
Eigentlich mag ich die Stimme, die ich da höre.
Aber nur,
wenn niemand sonst mithört.
Es ist ein Lob.
Nur er,
der mich anschaut
und dem ich beim Hängen zusehe,
nur er soll es hören.
Ich liebe Kirchen, die leer sind.
Weil ich ihn dort treffe.